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Reisebericht zur Exkursion der Jungen DLG nach Italien

Im Arbeitskreis der Jungen DLG waren wir vom 23. - 25. Februar 2024 zu einer Exkursion nach Norditalien eingeladen. Wir traten die Reise in der Erwartung an, das eigene Netzwerk zu den anderen Mitgliedern der Gruppe auszubauen und zu festigen, sowie gleichzeitig interessante Einblicke in die landwirtschaftliche Produktion in der Region Venetien und die Vermarktungsstrategien der Unternehmer zu erhalten. Die Teilnahme ermöglichte uns beiden das Preisgeld des Internationalen-DLG-Preises.

Für den Großteil der Teilnehmenden begann die Reise am Abend des 22. Februars am Bahnhof in München. Dort trafen wir uns zur Fahrt mit dem Nachtzug nach Verona. Das war bereits das erste unvergessliche Erlebnis. Diese Variante der Anreise ermöglichte einen regen Austausch und Gespräche am Abend, bei denen sich alle Teilnehmer besser kennenlernen konnten, wobei gleichzeitig der Schlaf nur bedingt erholsam ausfiel.

23. Februar 2024

KWS-Italia

Am Morgen des 23. Februar starteten wir gemeinsam in den ersten Tag unserer Exkursion und fuhren mit dem Reisebus nach Monselice zur KWS Italia. In Vorträgen und bei einer Werksbesichtigung haben wir Einblick in die Zuckerrübenzüchtung erhalten, die in der zweitgrößten Zuchtstation der KWS den Schwerpunkt darstellt. Die größten Herausforderungen im Zuckerrübenanbau in Italien stellen Trockenheit und die Blattkrankheit Cercospora dar, welche 95 % des Anbaus betrifft. Treten beide Faktoren gemeinsam auf, sprechen die Fachleute von „Cercostress“ für die Pflanzen, der zu massiven Ertragsverlusten führt. Auf diese beiden Einflüsse legt die KWS am Standort Monselice den Züchtungsschwerpunkt. Mit der erfolgreichen Etablierung der Sortenlinie CR+ konnte bereits ein wesentlicher Beitrag geleistet werden, die Pflanzen toleranter und weniger anfällig für Cercospora zu machen und gleichzeitig die Ertragsleistung auf hohem Niveau zu halten. Bei der Werksbesichtigung wurde uns erklärt, wie Zuckerrüben im Feldversuch gezüchtet werden. Vor Ort konnten wir die Sortierung von Zuckerrüben-Stecklingen sehen, welche nach dem Vernalisationsreiz im Gewächshaus weiterkultiviert und für die Verpflanzung und die Blüte im Feld vorbereitet werden. Trotz unserer Kenntnisse über Züchtungsgrundlagen wurde uns hier deutlich, mit welchem zeitlichen und arbeitswirtschaftlichen Aufwand die marktreife Entwicklung einer neuen Sorte verbunden ist. Vroni konnte einen guten Bezug zum Zuckerrübenanbau in ihrem eigenen Landwirtschaftsbetrieb herstellen, da dort im Jahr 2023 erstmalig Zuckerrüben der KWS-Linie CONVISO® SMART angebaut wurden. Auch diese Sortenlinie eröffnet der praktischen Landwirtschaft dank der Arbeit in Monselice ganz neue Möglichkeiten.


Mähdrescherwerk AGCO-Gruppe

Im Anschluss fuhren wir nach Breganze in das Mähdrescherwerk der AGCO-Gruppe, welches etwa 1.000 Mitarbeiter beschäftigt und in dem täglich etwa fünf Mähdrescher vom Band laufen. 2011 wurde das Werk zu 100 % von der AGCO-Gruppe übernommen und seitdem stetig weiterentwickelt und modernisiert. Am Standort Breganze befindet sich das Mähdrescher-Entwicklungszentrum mit Schwerpunkten auf Antrieb, Hydraulik, Dreschorganen und Reinigung. In der Diskussion erschloss sich, dass die Thematik der Automatisierung von Prozessen eines der Hauptaugenmerke der Entwicklung ist. Herausforderung dabei ist u.a., Sensoren zu entwickeln, die die Komplexität der Situationen während des Drusches rechtzeitig erkennen und die Vorgänge in der Maschine entsprechend steuern können. Derzeit ist der Mensch als Fahrer und Steuerorgan allerdings noch nicht ersetzbar. Mit Hinblick auf den Fachkräftemangel und die Herausforderungen am landwirtschaftlichen Arbeitsmarkt hat sich dieser Schwerpunkt für uns unterstrichen. Die Automatisierung einfacher Prozesse erhöht bereits jetzt den Fahrkomfort und verbessert die Arbeitsbedingungen auf den Maschinen.

24. Februar 2024

Käserei „Caseificio San Girolamo“

Samstag, der 24. Februar begann mit einer Busfahrt zur Käserei „Caseificio San Girolamo“. Dabei handelt es sich um einen typischen Familienbetrieb mit 15 Mitarbeitern, der vor allem Grana Padano, aber auch andere Käsesorten wie Mozzarella und Ricotta herstellt. Einmal am Tag bekommt der Betrieb 10.000 Liter Milch von vier umliegenden Milchviehbetrieben geliefert, weshalb an 365 Tagen im Jahr Käse produziert wird. Beim Milchfettgehalt gilt: „Je niedriger, desto besser!“, denn bei der Herstellung von Grana Padano wird die Milch mit einem geminderten Fettgehalt von 2,5 Prozent verarbeitet. Je Kessel mit 1.000 Litern Milch entstehen zwei Laibe a 45 Kilogramm Grana Padano. Nach einem Bad in Salzlake über 17 Tage lagert der Käse neun Monate lang in hohen Holzregalen. Alle wichtigen Informationen zum Grana Padano, wie Nummer der Käserei, Monat der Produktion und nach erfolgreicher Prüfung auch das Prüfsiegel als Feuerstempel, findet man auf der Rinde. Besonders häufig erwähnt wurden die Unterschiede zwischen Grana Padano und Parmigiano Reggiano. Der Grana Padano ist etwas weißlicher und weniger intensiv, denn es darf Silomais gefüttert werden und die Milch wird nur einmal täglich, nicht zweimal wie beim Parmesan, angeliefert. Im Wesentlichen unterscheiden sich die beiden Käse aber auch durch die Region, in der sie produziert werden. In Italien wird ein Kennzeichnungssystem verwendet, abgekürzt D.O.P, was so viel bedeutet wie „Geschützte Herkunft“. Nur Produkte aus einem definierten Gebiet und unter Einhaltung bestimmter Produktionsparameter erhalten dieses Siegel. Dadurch wird Verbrauchern eine hohe, regional einzigartige Lebensmittelqualität garantiert und der Erzeuger und dessen Investitionen in die Produktion geschützt. Im Anschluss an die Produktionsführung durften wir im gut besuchten Hofladen von einem Laib Grana Padano probieren. Neben dem Hofladen vermarktet die Caseificio San Girolamo ihren Käse hauptsächlich in Norditalien, auf Messen und kleinere Teile auch im Ausland.


Milchviehbetrieb „Corte Vittoria“

Nächster Halt war der Milchviehbetrieb „Corte Vittoria“ der Familie Tabarini. Der Betrieb mit 160 Milchkühen baut auf 33 beregnungsfähigen Hektar Mais und Heu als Futter an und bewirtschaftet weitere 2 Hektar Wein für eine Genossenschaft. Im Jahr 2014 begann die Familie aus wirtschaftlichen Gründen mit der Veredelung ihrer Milch zu Käse. Der Betrieb ist nach dem Konzept des „Agriturismo“ zertifiziert, welches staatlich gefördert ist und 1985 zur Verminderung der Landflucht und Erhaltung ländlicher Traditionen verabschiedet wurde. Durch den Verkauf selbsterzeugter Produkte vor Ort soll den Landwirten ein zusätzliches Einkommen ermöglicht werden. Bis heute entwickelte sich im „Corte Vittoria“ daraus eine eigene Käserei und Eismanufaktur mit angeschlossenem Hofladen und Restaurant, die nicht zuletzt aufgrund der guten Lage an vielen Radwegen erfolgreich laufen. Der Betrieb hat eine zusätzliche Zertifizierung als pädagogischer Ort erworben, an dem vor allem Kindern und Jugendlichen der Weg der Erzeugung von Lebensmitteln nähergebracht wird. Durch die Neuausrichtung können alle drei Söhne der Familie mit im Betrieb arbeiten. An vier Tagen in der Woche werden etwa 10 Prozent der Milch zu Käse, Joghurt, Trinkmilch und Eis verarbeitet. Am Wochenende finden Restaurantbetrieb und Veranstaltungen jeglicher Art statt, denn die Vermarktung der eigenen Produkte erfolgt ausschließlich vor Ort. Im Sommer produzieren die Tabarinis rund 100 Kilogramm Eis pro Tag, dabei sind besonders die Sorten Organe, Joghurt und Erdbeere gefragt. Unsere Führung durch Stall, Hof und Käseproduktion endete gegen Mittag mit einer großzügigen Verkostung im Restaurant der Tabarinis. Als größte Herausforderung in der Landwirtschaft nannte Herr Tabarini den Strukturwandel, der auch seinen Betrieb vor die Frage „wachsen oder weichen“ stellte, sowie die Tatsache, dass junge Leute, nach wie vor kaum eine Perspektive auf dem Land haben und so Betriebsnachfolgen nur selten geklärt sind. Dank Förderungen für Junglandwirte und der etablierten Direktvermarktung sieht er für seinen Betrieb einen wichtigen Grundstein gelegt.


„Risotteria Melotti“

Am Nachmittag steuerte unser Reisebus die „Risotteria Melotti“ an. Die Familie Melotti baut hier auf 350 Hektar Risottoreis an, dem eine große Bedeutung in der italienischen Küche zukommt. Da der Reis maximal fünf Jahre lang in Selbstfolge angebaut werden kann, wird viel auf Flächentausch gesetzt. Vom Anbau der sechs Sorten über die Verarbeitung bis hin zum Verkauf führt der Betrieb alle Schritte eigenständig durch. Der Anbau beginnt im Frühjahr mit dem Leveln der Böden, Scheibeneggen, Walzen und Kanäle Ziehen. Nach der Reisaussaat mit Düngerstreuer oder Drillmaschine werden die Felder geflutet, sodass die typischen „Italian Ricelands“ entstehen. Aus Sicht des Pflanzenschutzes können Pilzkrankheiten zum Problem werden. Nachdem das Wasser zwei Wochen vor der Ernte abgelassen wird, beginnt im September die Reisernte mit einem durchschnittlichen Ertrag von 6-6,5 Tonnen Reis pro Hektar. Vor der Einlagerung müssen die Reiskörner in einem zeitaufwändigen Prozess von ca. 25 auf 12-14 Prozent Feuchtigkeit getrocknet werden. Nach mindestens zwei Monaten Lagerung kann der Reis dann geschält und verpackt werden. Neben der Vermarktung über Hofladen, Online-Shop und Veranstaltungen fanden wir besonders den Vertrieb über die fünf Restaurants der Familie Melotti in Verona, New York, Rom, Florenz und Mailand interessant.

25. Februar 2024

Stadtführung in Verona

Der letzte Exkursionstag startete mit einer Stadtführung in Verona, welche uns einen Blick in die reiche Geschichte und Kultur der Stadt ermöglichte. Wir erfuhren von unserer Reiseführerin Aurora, dass Verona für ihre beeindruckende antike Arena bekannt ist, die bis heute im Sommer für Konzerte und Festspiele genutzt wird. Außerdem begeben sich in Verona viele Touristen auf die Spuren von Romeo und Julia. Die Stadt bietet nicht nur historische Sehenswürdigkeiten, es gibt auch eine lebendige Atmosphäre und kulinarische Genüsse. Das Motto vieler Italiener lautet: Bis 11 Uhr Espresso - ab 11 Uhr Aperol.

Olivenölbetrieb „Frantoio Manestrini“

Im Anschluss an die Stadtführung ging es am späten Vormittag zum Gardasee. Zuerst besuchten wir hier den Olivenölbetrieb „Frantoio Manestrini“ von Nicoletta Manestrini. Der Betrieb verarbeitet Oliven von 3.000 Olivenbäumen zu Öl. Die zwischen 40 und 60 Jahre alten Olivenbäume produzieren dabei durchschnittlich 20 Kilogramm Oliven, was etwa drei Flaschen Öl entspricht. Neben den Techniken des Olivenanbaus wurde uns auch die Gewinnung von hochwertigem, kalt gepressten Öl ausführlich erklärt. Wir erfuhren, dass die richtige Temperaturkontrolle während des Pressvorgangs entscheidend für die Qualität des Öls ist. Der Betrieb setzt auch auf Nachhaltigkeit, indem Reststoffe wie Häute und Kerne zur Energiegewinnung genutzt werden. Zunehmende Herausforderungen im Olivenanbau sind bakterielle Krankheiten und Hagel, der im vergangenen Jahr einen sehr großen Schaden angerichtet hat. Am Ende der Besichtigung von Olivenhainen und Produktion durften wir uns von der hohen Qualität der verschiedenen Olivenöle überzeugen lassen.

Weingut „Casacina Maddalena“

Letzte Station der diesjährigen Exkursion des Arbeitskreises war das Weingut „Casacina Maddalena“, welches am Ufer des Gardasees in Sirmione gelegen ist. Das Weingut feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum und beeindruckte uns mit seinem modernen Weinkeller. Auf vier Hektar baut die Winzer-Familie Weiß-, Rose- und Rotwein an. Knapp drei Viertel der jährlichen Produktion von 35.000 Flaschen entfallen auf den Lugana-Weißwein. Wir erfuhren, dass der Tonboden dieser Region eine entscheidende Rolle für den Geschmack der Weine, besonders für den Lugana, spielt. Obwohl das Weingut nicht biozertifiziert ist, wird aus Gründen der Nachhaltigkeit weniger Pflanzenschutz verwendet und mit Leguminosen als Bodenbedeckung gearbeitet. Abschließend kulinarisch gekrönt wurde die Italien-Exkursion durch das gemeinsame Abendessen auf dem Weingut mit Weinprobe und hausgemachten italienischen Köstlichkeiten.

Die landwirtschaftliche Exkursion in Italien war eine bereichernde Erfahrung, die uns nicht nur Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis dieses Landes bot, sondern auch kulturelle Erkenntnisse vermittelte. Beeindruckt hat uns, wie stolz die Italiener auf ihre eigenen Produkte sind und welche Wege gefunden wurden, diese zu vermarkten. Gleichzeitig steigt auch in einer Gesellschaft, die noch mehr Wert auf Genuss & Essen legt, der Druck auf die Erzeuger. Die berechtigte Wertschätzung der Erzeugnisse bereits als Produzent herauszustellen, ist für uns ein interessanter Ansatz gewesen und Ansporn, dies auch in der deutschen Landwirtschaft und in unseren eigenen Betrieben stets zu hinterfragen und voranzutreiben. Zwischen all den Programmpunkten blieb stets Zeit, die anderen Exkursionsteilnehmer näher kennenzulernen und die Gemeinschaft des Arbeitskreises Junge DLG zu stärken. Wir sind dankbar für die Gastfreundschaft und die wertvollen Eindrücke, die wir während der Reise erhalten haben!


Gemeinsam verfasst von Charlotte Aue (Preisträgerin Juniorenpreis 2022) und Vroni Koch (geb. Hentschel, Preisträgerin Fortbildungspreis 2017)