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Aufgeschlossen für Neues

Vier Referenten und ein Thema: „Landwirtschaft 2030 - Welchen Weg gehst du?“ Das fragten sich die Veranstaltungsbesucher der Jungen DLG/Team Göttingen auch und waren gespannt auf die Vorträge.

Henning Schweinebraden bewirtschaftet in Nordhessen einen Ackerbaubetrieb mit 170 Hektar (ha) samt Biogasanlage: einen Teil der Anbaufläche konventionell und den anderen biologisch. Dabei stellte Schweinebraden klar, dass der biologische Anbau Perspektiven, aber auch viele Risiken mit sich bringt. Zum elterlichen Betrieb gehören 14.000 Putenmastplätze (konventionell). Zudem hat der Nordhesse mit seinem Cousin die „Chattengauer Bioputen“ gegründet. Dazu gehören zusätzlich 3.200 biologische Putenmastplätze. Wichtig ist Schweinebraden, sich Zeit für neue Ideen zu nehmen, um seinen Betrieb weiter voranzubringen.

Als weiterer Impulsgeber stellte Christoph Geil seine gemeinschaftliche Erfolgsgeschichte mit der Eröffnung eines Hofladens mitten in Hannover vor. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Angusfleisch hat er die Herde auf 400 Tiere inklusive Nachzucht (konventionell) aufgestockt. Das Fleisch vermarktet Geil größtenteils direkt über den Hofladen oder Restaurants. Zu seinem elterlichen Betrieb gehören insgesamt 300 ha Grünland, davon 200 ha konventionell und 100 ha ökologisch, 150 ha Ackerland (ökologisch) und eine Biogasanlage. Seine Risikofreudigkeit hat er unter Beweis gestellt, indem er den Ackerbau auf ökologisch umgestellt hat, ohne zu wissen was er genau anbaut und was auf ihn zukommt. Falls die Nachfrage nach dem Angusfleisch geringer werden sollte, möchte er sich zukünftig mehr auf die weitere Vermarktung des Fleisches und die Personenmarke konzentrieren. Da er dies bis jetzt überhaupt nicht verfolgt, möchte er das Fleisch weiterhin direkt vermarkten, um Preisschwankungen besser abfedern zu können.

Stefan Feichtinger stellte klar, dass das Konzept einer Kreislaufanlage in Aquakulturen unabhängig vom Klimawandel oder dem Wetter sei. Die Qualität und Quantität sei permanent die gleiche, sagte der Experte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Erfolg stelle sich nur ein, wenn Produktion, Vermarktung und Verarbeitung sichergestellt seien. Stimme die Wasserqualität sei die Bestockungsdichte in den Aquakulturbecken zweitrangig.

Hochinteressante Eindrücke gewann das Publikum zum Thema „Hanfanbau“, den Moritz Reimer vorstellte. Hanfanbau müsse jedoch genehmigt werden. Zudem brauche man einen Abnehmervertrag, so der Bio-Landwirt aus der Nähe von Wolfenbüttel.  Er selbst ist sehr begeistert von diesem Nischenprodukt, da Hanf den Boden rasch bedeckt und somit keinen Pflanzenschutz benötigt. Zudem werde der Boden sehr gut durchwurzelt. Reimer baut seinen Hanf als Zweinutzungssorte an: Fasern für Dämmmaterial und Körner, um daraus Hanföl zu gewinnen. Neben dem Hanfanbau bewirtschaftet er über 300 ha ökologische Fläche. Zukünftig will Reimer den Fokus auf den intensiveren Zwischenfruchtanbau, erweiterte Fruchtfolgen mit Sonderkulturen wie Quinoa, konservierende Bodenbearbeitung und intelligente sowie nachhaltige Düngerausbringung (Tiere auf den Flächen) legen.

In der Podiumsdiskussion während des Kaminabends wurden die verschiedenen Wege von den beiden Moderatoren Alexander Engelke und Max Wilhelm kritisch hinterfragt: Laut Stefan Feichtinger „wird ‚Landwirtschaft 2030‘ auf jeden Fall von Innovationen abhängig sein“. Die junge Generation denke anders als die ältere Generation und müsse dieses Wissen durch innovatives Denken voranbringen und sich ausprobieren. „Wir sollten immer aufgeschlossen für Neues bleiben“, forderte Feichtinger. „Betriebsleiter müssen sich bewusst sein, dass sie bei Erfolg oder Misserfolg die alleinige Verantwortung tragen und nicht die Politik oder die Nicht-Regierungsorganisationen“, appellierte Geil an das Unternehmertum.

Henning Schweinebraden stellte die globalisierte Agrarwirtschaft in Frage: „Landwirtschaft 2030 wird erfolgreich sein, wenn wir es schaffen, uns so wenig wie möglich an den Weltmarkt zu koppeln.“ Die Vernarbung mit dem Weltmarkt sei nicht immer das Richtige. Ausnahme bildeten aktuell die Schweinepreise, „da die Landwirte nach China exportieren können und die Preise im Moment sehr gut sind“. Jedoch bestehe die Gefahr, dass diese Marktchance in wenigen Jahren wieder wegfalle. Überproduktion sei „immer schädlich für den Markt“.

 „Landwirte werden wieder erfolgreich sein“, versicherte Reimer, „wenn sie wieder Landwirte sind und nicht Chemiker.“ Reimer zitierte Dr. Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, wonach künftig kein Mengen- sondern ein Verteilungsproblem bestehe.