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Nachhaltige Landwirtschaft – was bringt die Zukunft?

Bei der gemeinsamen Veranstaltung der Universität Hohenheim, des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg und der Jungen DLG/Team Hohenheim führte zunächst Minister Peter Hauk in das Thema der nachhaltigen Landbewirtschaftung ein.

Danach referierte Prof. Dr. Matin Qaim (Universität Göttingen) über die Auswirkungen von ökologischer und konventioneller Landnutzung. Prof. Dr. Regina Birner (Universität Hohenheim) beleuchtete anschließend die Rolle der Verbraucher. Darauf folgte der Vortrag „Möglichst viel Bio als Beitrag zur Welternährung“ von Prof. Dr. Urs Niggli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL Schweiz).  

Prof. Dr. Matin Qaim stellte zunächst die Situation der Welternährung vor. Weltweit leiden etwa 820 Mio. Menschen an Energiemangel und über zwei Mrd. Menschen an Mikronährstoffmangel. Besonders große Probleme mit Mangelernährung gibt es in Lateinamerika, Asien und auf dem afrikanischen Kontinent.

Global betrachtet hat sich die Ernährungssituation seit 1945 wesentlich verbessert. Eine große Rolle spielen dabei die Erträge. So haben sich seitdem die Getreideerträge in den meisten Regionen fast verdreifacht. Durch Ertragssteigerungen wird sowohl der Zugang zu Nahrung vereinfacht als auch das Einkommen der Landbevölkerung erhöht.

Auswirkungen die Landwirtschaft auf die Umwelt

Es stellt sich dabei die Frage, welche Auswirkungen die Landwirtschaft auf die Umwelt hat. In Bezug auf die Qualität des Grundwassers und die Biodiversität ist die intensive Form der Landwirtschaft tatsächlich besonders schädlich. Dabei ist jedoch auch zu beachten, dass höhere Erträge eine weitere Ausdehnung der globalen Agrarfläche vermindern. So wurden zwischen 1990 und 2010 durch die Erhöhung der totalen Faktorproduktivität 173 Mio. ha eingespart.

Laut Qaim gibt es drei Szenarien, um die wachsende Weltbevölkerung, die bis 2050 Schätzungen zufolge 9,8 Mrd. Menschen erreichen soll, mit ausreichend Nahrungsmitteln zu versorgen. Erstens sei es möglich, die Produktion nicht zu steigern, jedoch den Konsum tierischer Produkte und die Lebensmittelverschwendung einzuschränken. Diese Vorstellung hält er persönlich allerdings für unrealistisch.

Zweitens könne man die Produktivität durch Ertragssteigerungen erhöhen. Bei einer intensiveren Nutzung der vorhandenen Agrarflächen würden weniger Flächen benötigt. Innerhalb dieser Agrarlandschaft wäre der Schaden an den Umweltgütern hingegen höher. Drittens gebe es die Möglichkeit, die landwirtschaftlichen Flächen auszudehnen, um die wachsende Weltbevölkerung zu bedienen. Letztendlich sei die Lösung für den Welthunger wahrscheinlich eine Kombination dieser drei Perspektiven.

Ökolandbau ist nicht die Lösung

Anschließend ging Quaim auf die Ertragslücken im Ökolandbau ein. Über verschiedene Kulturen hinweg seien die Erträge etwa 20 bis 25 Prozent niedriger als im konventionellen Ackerbau. Diese geringeren Erträge hätten höhere Preise zur Folge, die durchaus zu beachten sind, wenn die biologische Landwirtschaft von der Nische mit aktuell ungefähr einem Prozent der weltweiten Ackerflächen auf einen größeren Markt ausgedehnt werden soll.

Die geringeren Erträge spielen auch eine Rolle, wenn man die Umwelteffekte von ökologischem und konventionellem Landbau vergleicht. Während die Energienutzung pro Tonne in der biologischen Landwirtschaft niedriger ist, sprechen Nitrat-, Ammoniak und Phosphateintrag in die Umwelt für die konventionelle Landwirtschaft.

Als Fazit merkte Qaim an, dass die ökologische Landwirtschaft nicht die Lösung für eine global nachhaltige Landbewirtschaftung sei. Trotzdem müsse die konventionelle Landwirtschaft sich hin zu einer ökologischeren Form entwickeln.

Über die Rolle der Verbraucher

Im folgenden Vortrag referierte Prof. Dr. Regina Birner über die Rolle der Verbraucher in der nachhaltigen Landbewirtschaftung. Dabei stellt sich für sie die Frage, ob Verbraucher das Produktionssystem erkennen und eine nachhaltige Wahl treffen könnten.

Die Referentin stellte zunächst verschiedene Möglichkeiten zur Bewertung von Nachhaltigkeit vor, zum Beispiel die Kriterien von FAO oder DLG für die landwirtschaftliche Produktion. Als Problem für den Verbraucher sieht sie die Flut an Labels, die für die Nachhaltigkeit der Produkte werben, die sie tragen.

Danach ging sie auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher ein. Diese ist in erster Linie vom verfügbaren Einkommen abhängig. Auch bei Konsumenten mit ausreichendem Einkommen ist nicht klar, wie nachhaltig sie sich entscheiden.  

Zudem plädierte sie für eine Transformation des EU-Agrarbudgets. Dadurch sollen Gemeinwohlleistungen verstärkt entlohnt werden.

Weiterhin sprach Birner die Vor- und Nachteile einer gezielten Förderung des Öko-Landbaus an. Auch für sie entstünden dadurch Zielkonflikte, vor allem durch den erhöhten Flächenverbrauch. Zudem ließen sich nicht alle Vorschriften im ökologischen Landbau wissenschaftlich begründen.

Als Vorteile führt die Referentin jedoch die einfachere Überprüfbarkeit beim kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel an. Zudem wäre durch die Integration von Tierwohl- und Umweltaspekten eine Senkung der Transaktionskosten denkbar. Bei der Betrachtung des Flächenverbrauchs müsse man auch den Zusammenhang mit Ernährungsmustern sehen und höhere Preise für tierische Nahrungsmittel im System anlegen.

Letztendlich wies Birner darauf hin, dass die Verbraucher sowohl mit ihrer Nachfrage als auch als Mitwirkende bei der politischen Willensbildung eine Schlüsselrolle spielten. Für den Agrarsektor und die Politik ergibt sich daraus die Aufgabe, die Präferenzen der Verbraucher in Kaufentscheidungen umzusetzen, beispielsweise durch Schaffung eines differenzierten Angebots.

Kombination von konventioneller und Ökolandwirtschaft

Zuletzt folgte der Referent Prof. Dr. Urs Niggli mit dem Thema „Weltweit möglichst viel Bio als Beitrag zur Welternährung“. In seinem Vortrag ging er zunächst auf die Stärken des Öko-Landbaus ein. Eine wichtige Rolle spielten die Vorteile für den Umweltschutz, beispielsweise in Bezug auf Wasser- und Bodenqualität und Artenschutz.

Nicht zu vergessen sind auch die Akzeptanz der biologischen Landwirtschaft unter den Verbrauchern und damit verbunden derzeit starke Wachstumsraten bei der Nachfrage. Durch den hohen Selbstregulierungsgrad der Produzenten und innerhalb der Branche seien die Transaktionskosten zudem gering.

Laut Niggli liegen die Stärken der konventionellen Landwirtschaft in den Erträgen, während Bio mit besserer Bodenfruchtbarkeit und Leistungen für den Umweltschutz punkten könne. Es seien weitere Versuche notwendig, welche Kombination der beiden Ansätze optimal ist.

Als Schwäche des Öko-Landbaus nennt der Referent die großen Forschungsrückstände. Beispielsweise bestehe beim Pflanzenschutz noch ein nicht zu vernachlässigender Forschungsbedarf.

Autorin: Magdalena Eisenmann