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Multitalent Hanf – mehr als nur berauschend

„Nutzhanf“ lautete eine Vortragsveranstaltung der Jungen DLG/Team Weihenstephan kürzlich an der Technischen Universität München am Campus Weihenstephan.

Dr. Maendy Fritz vom TFZ bei Straubing erklärte grundlegende Aspekte der Hanfpflanze: Hanfpflanzen variieren sehr in ihrem Erscheinungsbild, von einer Größenordnung zwischen 0,2 m bis 5 m Höhe. Früher eine diözische Art, sind heute aufgrund der Züchtung die meisten Sorten bis auf wenige Ausnahmen monozöisch. Nutzhanf ist in Deutschland definiert mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent in der Blüte.


Angebaut werden darf Nutzhanf nur von einem Landwirt, wobei im Vorfeld Genehmigungen eingeholt werden müssen und nur zertifiziertes und kontrolliertes Saatgut angebaut werden darf. Der Blühbeginn ist an das BLE – das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung – zu melden, welche unangekündigte Kontrollen durchführen, um den THC-Wert in den Blüten zu ermitteln. Nach der Freigabe durch die BLE darf geerntet werden.


Wenn die Pflanzen als Zwischenfrucht angebaut werden, darf ohne Kontrolle geerntet werden. 2018 wurden von einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 16,65 Mio. ha in Deutschland lediglich 176 ha mit Nutzhanf belegt.

Hanfpflanzen stellen immer eine Koppelproduktion dar: Aus den Fasern können Produkte wie hochwertiges Dämmmaterial, Spezialpapiere, Seile, Formteile für die Autoindustrie, Textilien wie zum Beispiel Jeans und viele weitere Produkte hergestellt werden. Die Schäben der Pflanze werden als Einstreu, Mulchmaterial und diverse Baustoffe verwendet.

Die Samen/Nüsse dienen als Futter in der Tierproduktion oder als Nahrung für den Menschen, zum Beispiel als Öl und Mehl. Das Grün wird unter anderem als Tee oder auch Futter verwandt und die wertvollen Cannabinoide werden extrahiert. Hanf enthält mehr als 120 verschiedene Cannabinoide, wobei THC und CBD die bekanntesten sind.

CBD findet man im oberen Teil der Pflanze, mit einer Ausbeute von 2 bis 4 kg/ha und wird mittels Kohlenstoffdioxid extrahiert. CBD ist in Deutschland verkäuflich, aber die Rechtslage ist nicht klar definiert.

Für Dr. Maendy Fritz ist Hanf als Nutzpflanze aufgrund der zuvor genannten Aspekte bedeutsam. Er vereint viele ökologische Pluspunkte, auch hinsichtlich der Bienen, diese lieben die Pollen der Pflanze.


Für René Kolbe, Ackerbauer des Jahres 2018, Gewinner des Ceres Award und Chef der Pahren-Agrar GmbH & Co. Produktion KG gilt: Die Größe eines Betriebes ist egal, es ist wichtig was daraus gemacht wird. Er bewirtschaftet seine rund 3.800 ha pfluglos, wobei die Hälfte der Flächen biologisch bewirtschaftet wird. Insgesamt hat sein Betrieb etwa 900 Milchkühe im konventionellen Bereich und 35.000 Biolegehennen.

Seit 1999 betreibt er Hanfanbau, derzeit sind es etwa 150 ha. Seit 2007 verarbeitet er das Hanfstroh selbst. Für Kolbe ist Hanf die beste Vorfrucht – eine sehr robuste Pflanze, die kaum, beziehungsweise keinen Pflanzenschutz erfordert, da sie einen starken Aufwuchs hat und somit Unkräuter unterdrückt, außerdem wird der Boden tief und gut durchwurzelt. Die Bodengare für die Folgefrucht wird gefördert.

Bei der Aussaat ist zu beachten, dass der Boden eine Temperatur zwischen 8  °C und 10 °C aufweist, keine Bodenverdichtung vorhanden ist und keine Staunässe. Der ph-Wert sollte sich nicht unter 5,8 befinden.


Da die Keimfähigkeit des Saatguts manchmal lediglich zwischen 70 bis 80 Prozent rangiert bringt er 40-45 kg/ha, ca. 250-280 Körner/Samen pro Quadratmeter aus. Gedüngt wird bei ihm am Betrieb auf „Gerstenniveau“ – sprich lieber weniger als mehr. Nach der organischen Düngung braucht man nach Kolbes Erfahrung den Schlag bis zur Ernte nicht mehr zu betreten.

Einen optimalen Erntezeitpunkt gibt es für die Samen nicht, was am Wuchs der Pflanze und den unterschiedlichen Reifestadien liegt. Somit haben die Samen unterschiedliche Feuchtigkeitsgehalte. Das Stroh verbleibt bis zum Frühjahr zur Feldröste auf dem Schlag, zur Einholung verwendet Kolbe Bandschwader, um den Verschmutzungsgrad möglichst gering zu halten.

Vermarktungstechnisch sieht er im konventionellen Bereich für Hanf derzeit keine große Zukunft. Die Chancen liegen eher im Biobereich. Für ihn ist Hanf ein Nischenprodukt, das sich hervorragend als Zwischenfrucht eignet.

Matthias Coufal aus Regensburg gründete im Februar letzten Jahres mit zwei Freunden ein Start-Up via Crowdfunding, HANS-Brainfood. Die Idee stammte daher, dass er gerne einen Snack haben wollte, der auch dem Gehirn gezielt Energie und Nährstoffe liefert. Das menschliche Gehirn verbraucht 20 Prozent der täglich benötigten Körperenergie.

Er selbst ist auf einem biologisch bewirtschafteten Betrieb aufgewachsen. Deswegen ist es ihm heute wichtig, sein Produkt auch aus biologischer und möglichst regionaler Erzeugung herzustellen. Derzeit erhält man die Riegel nur über Online-Bestellung.

Für Coufal ist Hanf ein Superfood. Alle Nährstoffe, die das Gehirn benötigt, enthält der Hanfsamen: Antioxidantien, Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren, diverse Mineralstoffe, einen sehr hohen Proteingehalt und jede Menge Vitamine. Studien sollen belegen, dass der Konsum Alzheimer vorbeugend ist. Das Verhältnis der Omega-6 zu den Omega-3-Fettsäuren sollte 3:1 sein, welches im Hanfsamen genauso enthalten ist.

Auch im ORAC-Wert ist der Hanfsamen überlegen. ORAC steht für Oxygen Radical Absorption Capacity. Der Wert ermittelt die antioxidative Fähigkeit eines Naturstoffes. Antioxidantien schützen die Zellen vor freien Radikalen. Die Blaubeere ist bekannt dafür, einen hohen Wert zu haben. Ihr Wert beträgt 2.234. Hanf hat den unglaublich hohen Wert von 5.300.

Was ebenfalls sehr bemerkenswert ist, dass alle acht essentiellen Aminosäuren enthalten sind. Essentielle Aminosäuren muss der Körper aufnehmen, da er sie nicht selbst synthetisieren kann, sie sind überlebensnotwendig. Die biologische Eiweißwertigkeit liegt zwischen 88 bis 95 Prozent.

Ein Vorteil von Hanfsamen gegenüber tierischem Eiweiß ist, dass es kein Trypsinhemmer enthält. Trypsin wird benötigt, um Eiweiß zu verdauen. Für Coufal steht fest: Warum Hanf? Weil man Tabletten ersetzten und auf eine vollkommen natürliche Ressource zurückgreifen kann.

Autorin: Stephanie Schott, Junge DLG/Team Weihenstephan